Luftbild Neutrauchburg Liane Menz

50 Jahre Eingliederung - Neutrauchburg


am 19.11.2022 von Barbara Rau

1972 wurden die vier Ortschaften Beuren, Großholzleute, Neutrauchburg und Rohrdorf bei der Gemeindereform nach Isny eingegliedert. Die Isny Rundschau geht der Frage nach, wie sich das auf die Ortschaften ausgewirkt hat und wie es dort 50 Jahre später aussieht.

Neutrauchburg

Ortsvorsteher Claus Zengerle ist bei der Recherche zur Eingliederung Neutrauchburgs nach Isny eines aufgefallen: Es gibt wenig dazu in den Akten seines Rathauses. Das führen er und die beiden einstigen Gemeinderäte Hans Bodenmüller und Horst Steinhauser darauf zurück, dass der seinerzeitige Bürgermeister Josef Burgmaier seine Ortschaft nicht nach Isny eingemeinden wollte und möglicherweise kein Interesse daran hatte, Unterlagen aufzubewahren. „Burgmaier wollte, dass Neutrauchburg eine Landgemeinde bleibt“, weiß Zengerle, eine Verwaltungsgemeinschaft mit Argenbühl habe ihm vorgeschwebt. Hans Bodenmüller spricht davon, dass man sich damals habe „der Vernunft beugen müssen.“ Horst Steinhauser gibt zu bedenken, „heute könntest du es dir gar nicht mehr anders vorstellen.“ Aus den Reihen der damaligen Gemeinderäte wurden Alfons Danner, Hans Eberhardt und Hans Zengerle – der Vater des heutigen Ortsvorstehers – als Stadträte für Isny gewählt.
Neutrauchburg ist damals die reichste Eingemeindungsortschaft gewesen und hat einiges an Infrastruktur eingebracht. Das lag natürlich daran, dass die Ortschaft ein etablierter Heilklimatischer Kurort war – das Prädikat erhielt der Ort 1964 – und 1970 bereits 280.000 Übernachtungen hatte. Es lag aber auch am fürstlichen Haus. Waldfriedhof, Schule (1963) und Kindergarten (1969) sind dem Entgegenkommen und dem Grundbesitz der Waldburg-Zeiler zu verdanken. Auch das große Wohngebiet hätte nicht ohne sie entstehen können. Erstaunlicherweise hat Neutrauchburg jedoch heute weniger Einwohner als im Jahr der Eingliederung. Damals waren es 1284, am 31.12.2021 betrug die Zahl 1148 Einwohner.

Bezug zu St. Georg half

Neutrauchburg war eine Ortschaft, die halb Isny „umzingelte“, wie Zengerle scherzhaft anmerkt. Von Gründels im Westen bis Burg im Osten reichte die Fläche. Das Gewerbegebiet am Achener Hof und ein Teil des Achener Wegs sind beispielsweise auf Neutrauchburger Gemarkung. Nach der Eingliederung wurde etwas „arrondiert“, beispielsweise die Hohe Linde mit dem Maucher-Hof getauscht.
Die Eingemeindung ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts, es hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder etwas geändert. Die Ortsteile Neutrauchburgs, Menelzhofen, Haubach und Ratzenhofen waren ursprünglich selbstständige Gemeinden und kamen erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Isny, wie Hans Bodenmüller recherchiert hat. Ratzenhofen wäre damals viel lieber zu Rohrdorf gegangen, aber mehrere Eingaben bei der Kreisregierung in Ulm waren seinerzeit vergeblich. „Neutrauchburg war aber trotzdem zu klein, die Eingliederung nach Isny bot bessere Zukunftsaussichten“, ist sich Bodenmüller immer noch sicher. Auch wenn viele Bürger und Bürgerinnen damals sehr aufgebracht gewesen seien, weil man die Selbstständigkeit aufgeben musste. „Da war es sicher ein Vorteil, dass wir schon zur Kirchengemeinde St. Georg gehörten und ein Teil der Neutrauchburger auf dem Vorstadtfriedhof begraben wurden“, erinnert Steinhauser. Das Haus Waldburg-Zeil habe sich 1972 neutral verhalten, habe offiziell auch nichts gegen die Eingliederung gehabt, erinnern sich die Räte. Die Symbiose mit dem fürstlichen Haus habe sich fortgesetzt, und die Zusammenarbeit sei immer gut geblieben, erklärt Zengerle.
In der Eingliederungsvereinbarung war die Vollendung der Argenbrücke beim Fuchsbauer und das Rathaus enthalten, die Sanierung und der Zusammenschluss bei der Wasserversorgung, die zuvor Waldburg-Zeil gehörte, ein Gehweg entlang der B12 und eine Flurbereinigung mit Ausbau von Wirtschaftswegen und Gemeindeverbindungsstraßen, die auch dem Umland zugutekam. Die Erweiterung der Grundschule mit Turnhalle scheiterte am Einspruch der Anwohner, der Kindergarten wurde bis heute nicht erweitert. Auch aus dem geplanten Kurhaus zwischen der Ortschaft und Isny wurde nichts. Man versuchte, diese Infrastruktur möglichst in Isny auszubauen. Ein Freizeitzentrum zwischen Neutrauchburg und Isny fiel einem Bürgerentscheid zum Opfer. Heute sorgt ein gemeinsamer Investitionspool von Stadt und Waldburg-Zeil, der aus den Kurbeiträgen gespeist wird, dafür, dass in die Infrastruktur der Ortschaft investiert wird. Der Ortskern von Neutrauchburg wurde damit beispielsweise verschönt. Ein besonders großer Wunsch der Neutrauchburger war kein Gegenstand der Eingliederungsverhandlungen und wurde in den vergangenen 50 Jahren auch nie erfüllt: Die Ortsumgehung. Sie ist seinerzeit durch das geplante, jedoch nicht gebaute Kurhaus verhindert worden, aber auch danach fand sich nie eine Lösung. Dass die vielbefahrene Ortsdurchfahrt einem heilklimatischen Kurort schadet, darin sind sich alle einig.
Nur gelegentlich sei im Isnyer Gemeinderat eine Entscheidung gegen den Wunsch der Ortschaft gefallen, erinnert sich Hans Bodenmüller, in aller Regel sei man der Empfehlung des Ortschaftsrats gefolgt. „Die Eingliederung ist für Isny und Neutrauchburg eine Win-Win-Situation, es ist ein Geben und Nehmen“, zieht Ortsvorsteher Zengerle ein Fazit. „Neutrauchburg ist ein wichtiger Teil von Isny.“

Info: Sonderausstellung „Wir feiern die Eingemeindungen 1911 und 1972“ zu 111 Jahre Eingemeindung von Isny-Vorstadt und 50 Jahre Eingemeindung der Teilorte, im Stadtmuseum im Schloss Isny. Öffnungszeiten: Montag bis Dienstag, geschlossen; Mittwoch bis Freitag 14 Uhr bis 18 Uhr; Samstag, Sonntag 11 bis 18 Uhr.