Isny & Aicher

Isny im Allgäu

Lebendige Kleinstadt mit bewegter Geschichte

Isny ist eine Kleinstadt im württem­bergischen Allgäu, im Osten die Adelegg mit dem Schwarzen Grat, im Süden die Ausläufer des Hoch­gebirges und im Norden und Westen ausgedehnte Moore. Die ehemalige Reichs­stadt ist geprägt von ihrer bewegten, bald 1000-jährigen Geschichte, von der Kultur­landschaft des Vor­alpen­landes, von einem lebendigen Stadt­geschehen und den Menschen, die hier leben. Knapp 14.000 zählen Kernstadt und die vier beschaulich gelegenen Ortschaften.

Das Prädikat „Heilklimatischer Kurort“ hat Gewicht im Rehabilitations- und Entspannungs­tourismus Isnys, die viel­fältigen Naturerlebnisse auf Wander­wegen und Loipen sind Anziehungspunkt für Tages­ausflügler und Urlauber, sommers wie winters.

Den stadtnahen grünen Wiesen und Wäldern steht das Steinige der Stadt gegenüber: Stadtmauer und Tore bilden ein mittel­alterliches Oval, das die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Wehrgänge und Gefängnisse, Patrizier­häuser, Kirchen und Schloss sind Zeugen der bewegten Vergangenheit und heute lebendiger Teil des kulturellen Lebens. Die original erhaltene Prediger­bibliothek aus dem 15. Jahrhundert ist weltberühmt. Weithin sichtbar sind die himmelwärts strebenden Türme, mit ihren ring-, zwiebel- und glocken­förmigen Spitzen.

In den Gassen trifft der Trubel der Geschäfte, Märkte und Lokale auf die Persönlichkeit der Stadt. Zum Isnyer Jahresrhythmus gehört ein hochkarätiges Veranstaltungs­programm, zugleich weltoffen wie traditionell.

Als Standort zahlreicher florierender Unternehmen – vom Kleingewerbe bis zum Global Player, vom Handwerk bis zur Industrie – steht Isny für Innovation und Selbstbewusstsein.

Die politische Kultur ist seit jeher geprägt von Mitsprache und Gestaltung. Zwar verwurzelt in der Region, hat sich Isny dennoch einen gewissen Individualismus bewahrt.

Ein Erschei­nungs­bild für Isny​

Wer Isny sieht, sieht das Allgäu

1972 zieht Otl Aicher nach Rotis im Allgäu. Die nahe gelegene Stadt Isny wird ihm bald Antrieb und Partner, um das Kultur­verständnis einer Kleinstadt über Design zu stärken.

Der Wunsch der Isnyer Stadtväter, den Ort touristisch zu vermarkten, weckt Aichers Interesse. Ohne fest­geschriebenen Auftrag und anlassbezogen lassen sich Stadt und Gestalter auf ein Projekt ein, das vom Suchen und Forschen geprägt ist. Der Gestalter will die Stadt als Ganzes fassen, in ihren Merkmalen und Eigenschaften.

Dazu unternimmt er Streifzüge durch die Gegend, vorbei an Wäldern und Seen, Wiesen, Weiden und Höfen. Als Gestalter sieht er die Allgäuer Landschaft in ihren Strukturen, die Pflanzen in ihren Formationen. Atmosphärischen Qualitäten wie der Frische der Gewässer und der Reinheit der Luft, der Stille und der Geräusche, der Wärme und der Kälte spürt er nach – mit allen Sinnen und im Zeitlauf der Jahreszeiten.

In der Stadt findet er zahlreiche architektonische Objekte wie sie für mittel­alterliche Reichsstädte der Region typisch sind. Nicht nur die objektiven Wahrzeichen wie das Rathaus und die Stadtmauer interessieren ihn, sondern sein Blick geht hinter die Fassaden und richtet sich auf die subjektiven Wichtig­keiten – auf das, was die Stadt für die Bewohner*innen ausmacht.

Aicher blickt auf die Menschen um den Charakter der Stadt zu entschlüsseln. Wie sie wohnen und arbeiten, was sie essen und trinken, wie sie musizieren und feiern – alles wird zum Teil (s)einer städtischen Selbstdarstellung.

Um die Stadt in ihrer Vielschichtigkeit zu kommunizieren, geht Aicher neue Wege. Aus allen Eindrücken entstehen schrittweise und anlass­bezogen über mehrere Jahre Zeichnungen und Entwürfe für das Erscheinungs­bild für Isny, in Schwarz und Weiß. Mit 136 Bildzeichen ist es für Aicher gestalterisch erschlossen. Mit ihnen erhält die Stadt einen Fundus an visuellen Zeichen zur Anwendung in diversen Formaten und Produkten.

1985 ist das Stadtbild in „Schwarz-weiß“ gesetzt – ein Exempel moderner Stadt­werbung, das in Ausstellungen, Vorträgen und Publikationen Würdigung und Resonanz findet, weit über Isny hinaus.

136 Bildzeichen

Ein Portrait mit vielen Facetten

Die Bildzeichen geben Freiraum zur Interpretation, in ihrer Anwendung genauso wie in ihrer Wahrnehmung. Aichers Idee: den Betrachter einzuladen, die Fantasie zu nutzen, eigene Anknüpfungs­punkte zu finden, eigene Erlebnisse mit den Motiven zu verbinden. Der Gast wird eingeladen, Stadt und Landschaft, Handwerk und Tradition, Menschen und Alltag – all das, was es nur dort, im Allgäu (bei Isny) gibt – sinnlich selbst zu erleben, in einem achtsamen und langsameren Modus vielleicht.

Gut 50 Jahre nach ihrer Erschaffung gehören die Bildzeichen für Isny selbst zur Stadtgeschichte und sind zugleich Teil des weiter­entwickelten Corporate Designs der Stadt. Sie sind die sichtbare Verbindung zwischen der Stadt und dem Gestalter, doch Aichers Idee führt sich auch in der Stadtidentität und der Marke Isny Allgäu fort.

Zwischen 1977 und 1985 entwickelte Otl Aicher für Isny insgesamt 136 Bildzeichen, die die Themen Stadtbild, Natur, Sport und Alltagskultur umkreisen. Themen, die Aicher in Isny vorfand, Themen, die zu Stadt, Region und Menschen gehör(t)en. Ausschließlich auf die „Nichtfarben“ Schwarz und Weiß reduziert und fast quadratisch waren sie modern und kantig und vor allem: konträr zur gängigen Tourismuswerbung ihrer Zeit.

Mit diesem Fundus schuf Aicher eine komplett neue visuelle Sprache. Eine Sprache, die anders als bisher und auf nachhaltige Weise ein Bild vom Leben im Allgäu vermittelte: fernab jeder Klischeehaftigkeit, die die grünen Wiesen und der blaue Himmel bieten, und unabhängig vom sich stetig ändernden Zeitgeist.

Die 136 Bildzeichen sind zu einer Art Bausatz gefügt. Grundelemente der Zeichen sind Linien, Punkte und Formen. Aicher arbeitete mit schwarzen, geometrischen wie organischen Strichzeichnungen und meist ohne Tiefenraum, immer in ein und demselben Format. In dieser fast schon radikalen Reduktion bleibt die Botschaft offen und dynamisch.

Zwischen 1977 und 1985 entwickelte Otl Aicher für Isny insgesamt 136 Bildzeichen, die die Themen Stadtbild, Natur, Sport und Alltagskultur umkreisen. Themen, die Aicher in Isny vorfand, Themen, die zu Stadt, Region und Menschen gehör(t)en. Aus­schließlich auf die „Nichtfarben“ Schwarz und Weiß reduziert und fast quadratisch waren sie modern und kantig und vor allem: konträr zur gängigen Tourismus­werbung ihrer Zeit.

Mit diesem Fundus schuf Aicher eine komplett neue visuelle Sprache. Eine Sprache, die anders als bisher und auf nachhaltige Weise ein Bild vom Leben im Allgäu vermittelte: fernab jeder Klischee­haftigkeit, die die grünen Wiesen und der blaue Himmel bieten, und unabhängig vom sich stetig ändernden Zeitgeist.

Die 136 Bildzeichen sind zu einer Art Bausatz gefügt. Grundelemente der Zeichen sind Linien, Punkte und Formen. Aicher arbeitete mit schwarzen, geometrischen wie organischen Strich­zeichnungen und meist ohne Tiefenraum, immer in ein und demselben Format. In dieser fast schon radikalen Reduktion bleibt die Botschaft offen und dynamisch.

Die Bildzeichen geben Freiraum zur Interpretation, in ihrer Anwendung genauso wie in ihrer Wahrnehmung. Aichers Idee: den Betrachter einzuladen, die Fantasie zu nutzen, eigene Anknüpfungspunkte zu finden, eigene Erlebnisse mit den Motiven zu verbinden. Der Gast wird eingeladen, Stadt und Landschaft, Handwerk und Tradition, Menschen und Alltag – all das, was es nur dort, im Allgäu (bei Isny) gibt – sinnlich selbst zu erleben, in einem achtsamen und langsameren Modus vielleicht.

Gut 50 Jahre nach ihrer Erschaffung gehören die Bildzeichen für Isny selbst zur Stadtgeschichte und sind zugleich wichtiger Teil des weiterentwickelten Corporate Designs der Stadt. Sie sind die sichtbare Verbindung zwischen der Stadt und dem Gestalter, doch Aichers Idee führt sich auch in der Stadtidentität und der Marke Isny Allgäu fort.

Stadt / Städtisches Leben

Türme, Tore, Kirchen, Brunnen, Plätze, Patrizierhäuser: Typische architektonische Objekte einer mittelalterlichen Reichsstadt im Allgäu

Bäume / Wälder / Hügellandschaften

Fichten, Tannen, Kopfweiden, Obst­bäume: typische Waldbäume, Landschafts­gehölze Landschafts­strukturen: Typus Voralpen- und Moränen­landschaft, Seen und Bäche

Tiere

Kuh, Katze, Fuchs und Federvieh: häufig vorkommendes Getier, frei wie domestiziert

Das Wetter

Wolken, Regen, Schnee:
Allgäuer Wetterphänomene und Jahreszeiten

Sport

Langlauf, Eisstockschießen, Rodeln, Skisport: Wintersport im Allgäu
Radfahren, Laufen: Sommersport im Allgäu

Aichers Bildzeichen sind Teil des kulturellen Erbes der Stadt Isny, wie die historischen Bauten auch. Obwohl weder die Bildzeichen selbst, noch der Zeichenfundus verändert werden dürfen, liegt viel Potenzial und Dynamik in der Zusammenstellung. Aichers Erbe ist nicht als Dogma zu verstehen.”

Schwarz-weiß

Raum für Fantasie

Im Juni 1959 zeigte Otl Aicher eine Auswahl fotografischer Arbeiten unter dem Titel „Otl Aicher. Fotos“ im Ulmer Museum. Anschließend wurden sie im Museum für Moderne Kunst in Rio de Janeiro präsentiert.

Die Verbindung zwischen diesen Aufnahmen und den Isny-Bildzeichen ist unverkennbar: im direkten Vergleich zeigt sich, wie Otl Aicher die natürlichen Formationen der Fotografien in einprägsame grafische Zeichen übersetzt hat.

Der Himmel über Isny ist nicht blau, sondern schwarz oder weiß. Aber blau ist er auch. Und grün und gelb und rot. Die zügellose Fantasie öffnet Tür und Tor. Das Sehfeld wird vergrößert und verschärft. Der Mangel macht rege.”

Das Konzept für das Erscheinungsbild Isny ist konsequent auf Schwarz und Weiß beschränkt: Zur Zeit seiner Entstehung ein absolutes Novum bei der Bewerbung einer Stadt.

Zur Kosten­ersparnis komme, so argumentierte Aicher, der Vorteil, mehrere Werbeträger entwickeln zu können. Die Reduktion der Mittel ermögliche eine Ausweitung des Programms. Diese pragmatische Erklärung zum Verzicht auf Farbe steht in Einklang mit Aichers Anliegen, auch Städten mit minimalen Mitteln eine prägnante Bewerbung zu ermöglichen.

Der völlige Verzicht auf Farbe, als „radikale“ Kontrastierung über Schwarz und Weiß, ist zweifellos auch mit erhöhter Auf­merksam­keit für die neue und innovative Stadt­werbung verbunden. Die Reduktion setzt beim Betrachter einen großen Spielraum in der Fantasie frei und lädt ein: zum eigenen Erleben vor Ort.

Dass Isny mit einem Auftritt in Schwarz und Weiß eigene und kreative Wege in der Fremdenverkehrs­werbung einschlägt, kommt in der Fachwelt der 1980er Jahre und in der Presse gut an. In der Außenwahrnehmung gilt die Entscheidung der Stadt als mutig, in der Bürgerschaft war sie umstritten.

eine stadt nur in schwarz und weiß, denkt man ohne farbe? aber man wird schnell belehrt, daß intelligenz, fantasie und spiel gerade dann zur erscheinung kommen, wenn man sich in den elementen begrenzt. Es bringt nichts, das schachbrett um eine farbe zu bereichern, der spielmöglichkeiten gibt es genug. spiele setzen reduktion voraus. sie entarten sonst zum wirrwar, zum lärm, zum rauschen, zum knäuel.
(...)
unser gast ist berührt. er findet nicht mehr den uniformen schmuck der touristikindustrie vor, sondern ein lebensprinzip. leben ist, neue regeln erfinden.

und trotzdem bleibt die stadt sich selber treu. sie hat selbstbewusstsein und zugleich entfaltungskraft.”

Aichers’
Erschei­nungs­bild heute

Design als Lebensvorgang

Aichers gestalterischer Ansatz, eine historisch gewachsene Stadtidentität aufzugreifen und neu zu beleben, war so gegenwärtig wie nachhaltig. Spätere Schritte in der Weiterentwicklung des Corporate Designs der Stadt Isny folgten diesem Vorbild.


Auf den Weg zu einem durchgängigen Corporate Design machte sich Isny erst in den 1990er Jahren, eng begleitet von Monika Schnell, erst Angestellte und später selbständige Grafikerin in der Büro­gemeinschaft Aicher in Rotis von 1984 bis 1991. Der Aichersche Ansatz blieb im Ziel verhaftet: Der visuelle Gesamt­auftritt musste authentisch und echt sein, das Stadt­design und seine formalen Komponenten müssen der Stadt­identität entsprechen.


Mit qualitativen Bürger­befragungen und Untersuchungen spürten die Beauftragten des „Ausschusses für Kultur und Fremdenverkehr“ ihrerseits dem Charakter der Stadt nach. Das 1998 herausgegebene Entwickler-Manual, dem von Monika Schnell verfassten Grundlagen­papier zur Gestaltung verschieden­artigster Medien, nahm diese Erkenntnisse auf, richtete das Corporate Design der Stadt sukzessive neu aus und integrierte die Aicherschen Bildzeichen schrittweise in der praktischen Anwendung.

Nicht nur war das von Aicher für Isny geschaffene Erscheinungsbild zum Teil der Stadtgeschichte geworden und erhielt dadurch Relevanz für einen Gesamtaufritt, aufgrund seiner Authentizität und Glaub­würdigkeit konnte es zur Konstante in der Isnyer Stadtwerbung werden. Denn: Aichers Wahrnehmung der Stadtidentität war auch 20 Jahre später stimmig.


Fast 50 Jahre später folgt die Weiter­entwicklung des Corporate Designs – seit 2005 professionell gesteuert von der Isny Marketing GmbH – immer noch dem Aicherschen Verständnis. Es gilt: die Ohren am Zeitgeist und den Themen der Stadt zu behalten, in sie hineinzuhorchen oder neugierig zu beobachten, was sich in ihr und aus ihr heraus entwickelt und das äußere Design dieser inneren Lebendigkeit anzupassen – immer wieder.


Das Ziel heute: die Einbindung der Aicherschen Bildzeichen für Isny in einen innovativen Gestaltungsansatz, der eine Modernität hat, aber nicht modisch wirkt und gleichzeitig seine Tiefe und Kraft beibehält.

So leben Aichers Haltung, sein Design und seine Motive in Isny weiter: In der Stadt­identität, in Werbemitteln, Kampagnen, im Stadtraum und in den zahlreichen Isny Produkten, die in Konzeption, Herstellung und Design das authentische Isny spiegeln und – „unverwechselbar“ und „echt“ – von der Stadt und den Menschen hier erzählen.

schlafender-fuchs

ein fuchs

das abbild von einem fuchs auf papier hat keine haare, nur druckerschwärze. ein fuchs auf papier hat keinen körper. er ist zweidimensional. ein fuchs aus druckerschwärze hat keine farbe, jeder wirkliche fuchs hat immer ein farbiges fell. es ist nie schwarz-weiß. der buschige schwanz auf dem papier ist nicht buschig. er ist flach.

heißt das, dass man keine abbildung eines fuchses machen kann? soll man füchse nur fotografieren und somit ein abbild machen, wie es auch auf unserer netzhaut erscheint? aber kommunikation ist nicht austausch von abbildungen, sondern austausch von zeichen. das abbild eines fuchses in form einer fotografie ist ein bestimmter fuchs, den jemand irgendwo fotografiert hat. der fuchs wie hier, der in einem wald bei isny oder irgendwo im allgäu liegt, ist es nicht.

die botschaft hier zeigt nicht einen speziellen fuchs. in der zeichenserie über ferien im allgäu sagt diese zeichnung, im allgäu kann man noch füchse sehen, junge, schöne füchse mit zartem buschigem schwanz. man muss nur andere ferien machen. solche, bei denen man sich darauf einstellt, einen fuchs zu sehen. wenn man sich darauf freut und eine zeichnung einem dazu verholfen hat, gern mal einen wirklichen fuchs zu sehen, findet man auch einen.

otl aicher

Piktogramm vs. Bildzeichen

Piktogramm

radfahrer
wanderer

Ein Piktogramm ist eine sprachunabhängige, grafische Darstellung, die aufgrund ihrer Reduktion auf das Wesentliche eindeutig identifizierbar ist. Vermittelt wird eine Information oder eine Idee, die über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg gut und schnell verstanden wird. Der Interpret benötigt dazu keine besonderen Kenntnisse oder Regeln. Er erschließt, was gemeint sein könnte, aufgrund seiner allgemeinmenschlichen Assoziationsgabe.

Im Repertoire der Isny Zeichen sind lediglich die aus dem ERCO Fundus übernommenen, leicht überarbeiteten, Zeichen Piktogramme im engeren Sinne.

Die Urheberrechte der von Otl Aicher entwickelten Piktogramme (ERCO) betreut die attoma Berlin GmbH.

waldhaus
eine-birke

Bildzeichen / Symbol

Schneeflocken, Regentropfen und Wolken indizieren Wetterphänomene, lassen daran denken (oder sie sogar spüren?). Holz, Fichten und Tannen erinnern mitunter an den letzten Waldspaziergang im Allgäu, an geschindelte Fassaden. Je nach Kenntnisstand, je nach Fantasie, je nach selbst Erlebtem assoziiert der oder die Betrachtende subjektiv. Die Waldhütte steht vielleicht für Wärme und Gemütlichkeit und die kahle Birke wird als frühe Umweltkritik verstanden.

Aicher bildete typische städtische Motive nicht einfach ab. Er fing Merkmale ein, Besonderheiten, Details, die Teil eines Ganzen sind und unterschiedliche Assoziationen wecken. Aufgrund ihres Aufbaus und ihrer syntaktisch einheitlichen Struktur erzählen die Bildzeichen Isny in ihrer Gesamtheit vom Charakter der Stadt. Als städtisches Erscheinungsbild sind sie weit mehr als ein Hinweissystem.

Das Bildzeichen als Symbol kommuniziert über erste Informationen hinaus auch sekündäre Bedeutungen. Im Gegensatz zum hinweisenden und auffordernden Charakter des reinen Piktogramms sind die Bildzeichen Isny offener und mehrdeutiger angelegt, sozusagen als Vorlagen für eine Interpretation.

Aicher selbst sprach im Zusammenhang mit den Isnyer Bildzeichen von Zeichen und Symbolen mit Signalcharakter. Unter ihrem kommunikativen Aspekt betrachtet haben wir es mit Zeichen zu tun, die mittels kausaler (ursächlicher Zusammenhang), mittels assoziativer (bildliche Ähnlichkeit) oder auch mittels regelbasierter Schlüsse, also symbolisch interpretierbar sind.

Im Zeichenfundus für Isny sind – je nach Anwendung und Kombination – viele Motive auch symbolisch interpretierbar: Katz und Fuchs als Schlauheit und List, Traktor und Heugabel als konventionelle bäuerliche Wirtschaftsweisen. Kirchtürme und Brunnen als architektonische Objekte einer historischen Altstadt, Bier und Brezeln als Allgäu-typische Brotzeit, als Ausdruck von Tradition und Heimat.

Das Bildzeichen als Symbol kommuniziert über erste Informationen hinaus auch sekündäre Bedeutungen. Im Gegensatz zum hinweisenden und auffordernden Charakter des reinen Piktogramms sind die Bildzeichen Isny offener und mehrdeutiger angelegt, sozusagen als Vorlagen für eine Interpretation.

Aicher selbst sprach im Zusammenhang mit den Isnyer Bildzeichen von Zeichen und Symbolen mit Signalcharakter. Unter ihrem kommunikativen Aspekt betrachtet haben wir es mit Zeichen zu tun, die mittels kausaler (ursächlicher Zusammenhang), mittels assoziativer (bildliche Ähnlichkeit) oder auch mittels regelbasierter Schlüsse, also symbolisch interpretierbar sind.

Im Zeichenfundus für Isny sind – je nach Anwendung und Kombination – viele Motive auch symbolisch interpretierbar: Katz und Fuchs als Schlauheit und List, Traktor und Heugabel als konventionelle bäuerliche Wirtschaftsweisen. Kirchtürme und Brunnen als architektonische Objekte einer historischen Altstadt, Bier und Brezeln als Allgäu-typische Brotzeit, als Ausdruck von Tradition und Heimat.

Schneeflocken, Regentropfen und Wolken indizieren Wetterphänomene, lassen daran denken (oder sie sogar spüren?). Holz, Fichten und Tannen erinnern mitunter an den letzten Waldspaziergang im Allgäu, an geschindelte Fassaden. Je nach Kenntnisstand, je nach Fantasie, je nach selbst Erlebtem assoziiert der oder die Betrachtende subjektiv. Die Waldhütte steht vielleicht für Wärme und Gemütlichkeit und die kahle Birke wird als frühe Umweltkritik verstanden.

Aicher bildete typische städtische Motive nicht einfach ab. Er fing Merkmale ein, Besonderheiten, Details, die Teil eines Ganzen sind und unterschiedliche Assoziationen wecken. Aufgrund ihres Aufbaus und ihrer syntaktisch einheitlichen Struktur erzählen die Bildzeichen Isny in ihrer Gesamtheit vom Charakter der Stadt. Als städtisches Erscheinungsbild sind sie weit mehr als ein Hinweissystem.

Die Mit-Gestalterin

Monika Schnell ist Grafikerin – von Beruf und mit Leidenschaft. Neben ihrer Selbständigkeit als Gestalterin und ihren Lehrtätigkeiten an diversen Kunsthochschulen, begleitet sie seit den 1990er Jahren die Entwicklung und Umsetzung des Corporate Designs der Stadt Isny im Allgäu. Seit 2005 unterstützt sie die Isny Marketing GmbH (IMG) bei der Erarbeitung, Weiterentwicklung und Anwendung eines umfassenden Design-Manuals und ist unabdingbar in Gestaltungsfragen – für Kampagnen und Werbemittel. Sie war maßgeblich bei der Entwicklung der Isny Produkte und an der Konzeption des Isny Shops im Hallgebäude beteiligt.

Mit Otl Aicher arbeitete sie viele Jahre zusammen. Wie diese Erfahrung und ihr eigener Blick auf Aicher und Isny die Weiterentwicklung des Corporate Designs der Stadt geprägt haben, erzählt sie im Gespräch.


Frau Schnell, wie kam es zur Zusammenarbeit mit Otl Aicher? Im Anschluss an mein Grafikdesignstudium orientierte ich mich in eine ziemlich spezielle Fachrichtung – den Schriftentwurf. In München arbeitete ich bei der Berthold AG, einer sehr großen deutschen Schriftgießerei, im Schriftatelier. Nach zwei Jahren intensiver Buchstabenzeit wollte ich mich fachlich auf breitere Füße stellen und bewarb mich bei Otl Aicher in Rotis. Seine gestalterische Sprache, seine Projekte und vor allem sein Verständnis von gestalterischer Arbeit im Kontext zur jeweiligen Kundenausrichtung hatte ich schon längere Zeit im Blick und konnte mir vorstellen, in ihm einen hervorragenden Lehrmeister zu finden. Er hat mich angestellt, auch weil er gemerkt hat, dass ich neben der fachlichen Qualifikation eine neugierige Person bin, die sich auf viel einlassen kann. So bin ich 1984 ins Büro Aicher gekommen und war dort angestellt bis 1987 unsere Tochter zur Welt kam. Ab diesem Zeitpunkt bis zu Aichers Tod 1991 war ich selbständiges Mitglied in der Bürogemeinschaft Rotis. Wie war die Zeit bei Aicher? Aicher hatte einen großen Auftrag von der Hongkong Shanghai Bank in Aussicht, als er mich einstellte – ein komplexes Leitsystem mit einer Mischung aus europäischen und chinesischen Schriftzeichen. Als ich bei Aicher im Interview war, arbeitete ich bei Berthold gerade an indischen Schriftzeichen. Er fand das interessant und sah darin eine gute Voraussetzung für sein Hongkong-Projekt. Den Auftrag hat er schlussendlich doch nicht bekommen und so wurde ich die zuständige Gestalterin für die beiden Kunden ERCO Leuchten und Druckhaus Maack in Lüdenscheid. Schwerpunkt meiner siebenjährigen Arbeit in Rotis mit Otl Aicher war das Buch »typografie« und die Entwicklung der Schriftfamilie Rotis. Bücher, Ausstellungen, Erscheinungsbilder, Leitsysteme sind entstanden. Der Austausch mit Kollegen und die ständige Diskussion mit Otl Aicher über die unterschiedlichsten Projekte schafften in der »autonomen republik rotis«, wie Aicher seinen Arbeits- und Lebensort nannte, eine aktive und inspirierende Atmosphäre. Wie ist das Erscheinungsbild für Isny in Rotis entstanden? Als ich nach Rotis kam, war das Projekt Isny bereits abgeschlossen, aber ich weiß, dass dieser „Auftrag“ für Isny anders geartet war, als die restlichen Projekte. Es gab keinen klassischen Auftrag, für den es einen eigens zuständigen Grafiker gab, vielmehr kann die Entwicklung der Bildzeichen Isny als Untersuchungsreihe oder gar als Forschungsprojekt von Otl Aicher gesehen werden. Über einen extrem langen Zeitraum hat Aicher Zeichnungen zu den Bildzeichen Isny gemacht. Er hatte ein unglaublich gutes Bildgedächtnis und er war ein begnadeter Zeichner. Oft saß er in seinem Wintergarten, immer genügend DIN-A4-Blätter parat und hat geschrieben oder wunderbare Zeichnungen gemacht. Aicher beobachtete das Leben im Allgäu und hat nach und nach Zeichnungen zu zentralen Themen wie Landschaftsformationen, Gebäuden, Plätzen, Tieren, der Alltagskultur in und um Isny erstellt. Seine Leidenschaft für’s Essen kommt in den Bildzeichen zum Ausdruck, genauso wie seine Liebe zu den Tieren. Wenn wir zusammen unterwegs waren, hat er oft so etwas gesagt wie: „Schauen Sie mal, dieses wunderbare Licht.“ Er war mit wachem Blick unterwegs und hat diese Eindrücke in seinen Zeichnungen verarbeitet. Die Bildzeichen für Isny sind peu à peu entstanden. Wenn er am Montagmorgen mit zwei Zeichnungen zur Reinzeichnerin gegangen ist, hat er vielleicht am Mittwoch wieder draufgeschaut und weitere Ideen oder Korrekturen eingebracht. Zwischendurch hat es vielleicht geregnet und das Bildzeichen mit Regen und Schirm wurde skizziert. Die Entwicklung der 136-teiligen Bildzeichen-Serie, die für Isny entstanden ist, geschah in einem langen und offenen Prozess ohne klare Zielvorgabe. So erkläre ich mir auch einige Stilbrüche in der Serie. Zum Beispiel? Aicher hat das Leben in und um Isny schwarz-weiß dargestellt, in einer zweidimensionalen Perspektive. Beispielsweise zeigt er eine schwarze Apfelbaumfläche mit weißen Punkten als Äpfel, unten auf dem Boden liegt das Fallobst in Form von schwarzen Punkten. Die meisten Bildzeichen für Isny sind in dieser zweidimensionalen Form umgesetzt. Es gibt aber auch Bildzeichen, die in der Fluchtpunktperspektive angelegt sind, zum Beispiel das Wassertor. Oder die Milchkannen – sie sind parallelperspektivisch. Diese Brüche lassen sich damit erklären, dass das Projekt Isny nicht stringent für einen bestimmten Zeitraum angelegt war und Aicher nicht zielgerichtet daran gearbeitet hat. Es gab wohl keinen klaren Auftrag, eher eine Vorgabe, die grafisch umgesetzt werden sollte. Das heißt dieses Projekt ist aus sich heraus entstanden? Genau. Es war ein besonderes Phänomen. Aicher wollte eine kleine Stadt im Allgäu bildhaft darstellen. Der Vorteil dabei war, dass er nur 20 Kilometer entfernt wohnte und arbeitete und so die eigentlichen Potenziale der Stadt Isny und ihres Umfeldes sehr gut kannte. Ihn interessierten weniger die »bedeutungsvollen« Zeichen der Stadt, wie das Schloss, das Rathaus und so weiter. Er bildete das Wetter ab und zeigte den Himmel mit allen Wolkenformationen. Er zeichnete Vesperszenen und gab Einblicke ins Landleben. Jahreszeiten, Landschaft, Tiere, Hütten, Gebäude – alles zusammen ergab für ihn ein Bild, das die Stadt in ihrer Vielschichtigkeit zum Ausdruck bringen kann. Ein Portrait mit 136 Facetten sozusagen. Dabei hat Aicher zu ganz anderen konzeptionellen und gestalterischen Mitteln als üblich gegriffen. Mit dem Fundus der Bildzeichen für die Stadt Isny hat er letztendlich eine komplexe und nachhaltige Idee der Darstellung einer Kleinstadt geschaffen. Worin sehen Sie diese Nachhaltigkeit? Das Erscheinungsbild Isny ist in den 1970 er Jahren entstanden. Und doch sind diese Bildzeichen heute immer noch gültig und passen 50 Jahre später immer noch zu Isny. Das passt auch zu Aicher. Für ihn war beispielsweise die Alltagskultur etwas Elementares und er hat viel Wert auf sinnliche Eindrücke gelegt. Aus diesem Grund, nehme ich an, sind für Isny auch keine Piktogramme entstanden, die ja eine funktionale Idee haben, wie beispielsweise das aufsteigende Flugzeug der Lufthansa. Sondern es entstanden Bildzeichen mit symbolhaftem Charakter. Schaut man sich den liegenden Fuchs an, dann spürt man dieses Fell, man will ihn fast streicheln. Das Bildzeichen erzählt eine Geschichte und setzt Assoziationen frei. Oder die Katze, die sich leckt – man hört es fast. Das heißt, Aicher transportierte mit diesen Bildern, mit diesen Bildzeichen, atmosphärisch sinnliche Situationen mit viel erzählerischem und assoziativem Potenzial. Sie haben einen symbolhaften Charakter. Deswegen sind die Bildzeichen Isny von der Zuordnung her keine Piktogramme. Dennoch hat es lange gedauert bis Aichers Werk in Isny wiederentdeckt wurde. Woran lag das? Die genauen Umstände kenne ich nicht, aber dass sich aus dem Werk im Anschluss an die Entwicklung der Bildzeichen außer einer Ausstellung in Stuttgart und einigen kleineren Adaptionen der Zeichen in Isny nichts entwickelte, war, denke ich, der Zeit geschuldet. Es gibt beispielsweise überlieferte Zitate von Isnyern mit der Aussage „Wir sind nicht schwarz-weiß“. Wie ging es dann weiter und wie kam es dazu, dass Aicher wieder eine wichtige Rolle im Erscheinungsbild der Stadt gewann? Mitte der 1990er Jahre kam vom damaligen Bürgermeister der Stadt, Herrn Behrning, und dem Hauptamtsleiter, Herrn Längst, eine Anfrage, ob ich mich mit dem von Aicher entwickelten Erscheinungsbild der Stadt Isny auseinandersetzen möchte. Bis dahin lag Aichers Arbeit für Isny in der Schublade. Die beiden waren sich aber sicher, dass da etwas mit viel Potenzial liegt und wollten es nicht weiter verstauben lassen. Zusammen mit den Verantwortlichen der Stadt, und später der IMG, habe ich mich langsam herangetastet und überlegt, wie die Bildsprache von Isny aussehen könnte, wie eine Imagebroschüre ausschaut und so weiter. Es gab zu dem Zeitpunkt ganz unterschiedliche, sehr heterogene Designelemente im visuellen Auftritt der Stadt. Aichers Bildzeichen als Teil des kulturellen Erbes der Stadt Isny sollten in das Erscheinungsbild eingebunden werden. Wir haben auch die Schrift, die Aicher und ich zusammen in Rotis entwickelt haben, mit in den visuellen Auftritt von Isny genommen, weil sie gut ins Gesamtbild passte. Ein ganz wichtiger Punkt in diesem sich entwickelnden Designprozess war die Einbeziehung der Bevölkerung. Es war ja nicht damit getan, einen tollen Zeichenfundus in der Schublade zu haben. Denn Isny ist ja nicht gleich Aicher. Isny hat eine eigene Persönlichkeit und es musste geprüft werden, wie ein Gefüge entstehen kann, in dem Aicher Platz hat, aber Isny nicht verraten wird. Vor allem die Bürgerbefragung und die Profilermittlung in den 1990ern, die von Herrn Behrning und Herrn Längst angestoßen und von Ralph Habich aus München umgesetzt wurden, waren wichtig und haben dazu beigetragen, dass sich ein Erscheinungsbild entwickeln konnte, das Aicher und Isny in passender Form zusammenbringt. Aus meiner Sicht kann man so etwas auch nicht über den Kopf einer Bevölkerung hinweg durchsetzen. Warum ist die Bevölkerung bei der Entwicklung eines Erscheinungsbildes so wichtig? Menschen prägen ihre Stadt. Ihre Aktivität, ihr Engagement und Miteinander, ihr Humor und Feinsinn oder Störrigkeit beispielsweise bilden einen Teil der „Persönlichkeit Stadt“. Aicher selbst hat sich besonders für die Menschen und das „echte“ Leben interessiert. Das Leben und Arbeiten in Rotis bei Aicher war auch geprägt von der Gemeinsamkeit. Man hat miteinander gegessen, es gab Kräuter aus dem Garten und regionale Produkte – und das zu einer Zeit, in der das noch nicht selbstverständlich war. Für Aicher war es das. Nach Feierabend gab es oft ein Bier, ein gutes Brot und geschnittenen Rettich. Aicher hat diese Alltagskultur geschätzt und gelebt. Und das sieht und spürt man auch in den Bildzeichen für Isny. Genau diese Herangehensweise ist auch für uns in der Verwendung von Aichers Bildzeichen und dem Prozess der Weiterentwicklung – ob im Isny Shop oder im neuen Design-Manual – so wichtig. Die Identität der Stadt spielt bei alldem eine grundlegende Rolle. Es gilt zu beachten, wer ist die Stadt, wie tickt die Bevölkerung, welche Geschichte hat die Stadt, was für eine Philosophie hat die Stadt, wie unterscheidet sich die Stadt von anderen Städten – von Kempten, von Leutkirch – also welche Persönlichkeit hat die Stadt. Das ist die Identität. Aus diesem Verständnis heraus lässt sich beurteilen, welche Designelemente und -strategien diese Identität abbilden können. Und heute ist die Zeit reif für Aicher? Auf jeden Fall. Jetzt, da das Team von der IMG dahinter steht, da eine Akzeptanz von der Stadtverwaltung und der Bevölkerung da ist, kann behauptet werden, wir haben da ein tolles Kulturgut und nehmen diesen Fundus an Bildzeichen mit in die heutige Zeit. Ich sehe dies nicht mit der Schwere eines »kulturellen Erbes«. Es stellt sich auch immer die Frage, wie dieses Aichersche Erbe im heutigen Auftritt der Stadt implementiert wird. Wie spielt man Design und wie passt alles zusammen, so dass auch ein Weg in die nächsten Jahre mit dieser Sprache möglich ist. Es ist nicht mit den Bildzeichen allein getan. Und wie bindet man sie ein? An diesem Prozess arbeiten wir gerade, es entsteht ein umfassendes Manual, in dem Designelemente für die nächsten Jahre definiert werden. Die große Chance, die sich jetzt ergeben hat, um ein breiteres Hinschauen möglich zu machen, war die Eröffnung vom Hallgebäude und die Entwicklung der Produkte im Isny Shop. Für mich als Gestalterin hat sich dabei immer wieder die Frage gestellt: „Darf ich immer und immer wieder die gleichen Bildzeichen hernehmen oder laufe ich Gefahr, dass ich das Ganze verwässere, weil die Zeichen so häufig, quasi inflationär, eingebunden werden?“ Deswegen haben wir, insbesondere im Kontext der Produktverpackungen, eine parallellaufende grafische Sprache neben Aichers Bildzeichen gestellt. Das sind schwarz-weiße Strukturen – Linien oder Punkte wie bei der Etikette für den Isny Tee oder Dreiecke für den Tannenspitzenlikör. Die IMG zeigte sich im Weiterentwicklungsprozess offen und qualitätsorientiert. Mit Frau Konrad vom Kulturbüro und Frau Mechler vom Stadtmarketing sind Teampartnerinnen vor Ort, die die Hintergründe kennen und die bereit sind, das Aichersche Erbe in eine Form zu bringen, die für Isny stimmt, dem Schaffen und Denken von Aicher gerecht bleibt und sich offen als Zukunftschance abbildet. Aicher steckt also vorrangig im Design, in der Verpackung und in den visuellen Elementen? Keineswegs. Bei der Auseinandersetzung um neue Produkte für Isny ging es auch stark um inhaltliche Themen. Wichtig waren die Aspekte Nachhaltigkeit und Authentizität. Uns war ganz klar, es müssen authentische Produkte sein, es müssen Isny Produkte sein, wenn möglich in Isny hergestellt, es darf nicht so ein „Als-ob-Ding“ werden. Die Idee war, etwas zu finden, das aus Isny aber auch für Isny ist, das nach außen zeigt, wofür Isny steht und das nach innen zeigt, worauf die Leute stolz sein können. Die Identifikation war überaus wichtig. Dabei spielte dann – wie bei Aicher – eben auch die Alltagskultur wieder eine entscheidende Rolle. In den Produkten steckt das Handwerk, das Regionale und die Kreativität Isnys. Genau deswegen funktionieren diese Produkte und können überhaupt erst angenommen werden. Genauso ist das mit dem Design. Sie sagten, das Hallgebäude, der Shop und die Produkte sind Teil eines großen Design-Prozesses. Was genau entsteht da im Moment und wo wird sich Aicher zeigen? Wie gesagt, wir arbeiten parallel an einem kompletten Design-Manual – ein Prozess der seit langem von städtischer Seite und der IMG vorangetrieben wird. Ende der 90er Jahre haben wir bereits ein Manual erstellt. Im Laufe der Zeit und auch im Rahmen der Recherche- und Entwicklungsarbeit am Aicherschen Erscheinungsbild haben sich Dinge verändert und müssen korrigiert werden. Es ist höchste Zeit, sich die Medienpalette nochmal anzuschauen und zu fragen, wo stehen wir heute mit der Typographie, wie gehen wir mit Schrift um, wie gehen wir mit Farben um. Mit schwarz-weiß alleine kommen wir nicht klar, wie kann man aber diesen sehr reduzierten Gestaltungsansatz von Aicher so spielen, dass er eine Modernität hat, aber nicht modisch wirkt und gleichzeitig seine Tiefe und Markanz behält. Man spricht bei Corporate Design immer von einem Sieben-Jahres-Zyklus. Auch deswegen ist es Zeit etwas anzulegen und zu entwickeln, woran sich die eingebundenen Partner im Bereich Design orientieren können. Gestaltung kann man allerdings nie auf den Punkt festschreiben, denn Gestaltung lebt und entwickelt sich, genau wie wir und die Stadt, immer weiter. Was bedeutet das? Schaut man sich zum Beispiel die Fotografie an: In Isny wählten wir eine Bildsprache, die sich an journalistischer Fotografie orientiert, die also keine gestellten und schon gar nicht klischeehaften Fotos nutzt. Das wirkt authentisch und lebendig. Fotos, die vor fünf oder zehn Jahren gemacht wurden, sind jetzt einfach nicht mehr aktuell, weil die Leute beispielsweise ganz anders angezogen waren. Es findet Entwicklung statt und man muss mitgehen. Deswegen sollte ein Designapparat im Corporate Design zwar formal gut abgesteckt sein, er darf aber nicht versiegelt sein. Der Gestalter hat eine Art Werkzeugkoffer, in dem bestimmte Instrumente und Elemente definiert werden, mit denen gearbeitet werden kann. Als Gestalter*in bediene ich mich je nach Thema und Anlass unterschiedlicher Instrumente und kann manchmal eben lauter und manchmal leiser, mal mit schwarz-weiß und mal mit Farbe spielen. Wo stehen Sie in dem Prozess? Ich bin im ständigen Austausch mit Frau Mechler, Frau Konrad von der IMG und Herrn Reubold von der Stadt. Wir haben zu den Bildzeichen eine Broschüre erstellt, die die Idee und die Komplexität, die Themen und die Formsprache erläutert. Das ganze Manual sollte eigentlich Ende 2020 fertig gestellt sein. Das Hallgebäude mit den ganzen Anforderungen ist dann dazwischengekommen. Dieses Großprojekt hat uns aber unheimlich viele Möglichkeiten gegeben, Dinge auszutesten und die Isnyer mitzunehmen. Das hatte also einen sehr positiven Effekt. Zum Jubiläum anlässlich des 100. Geburtstags Otl Aicher wird das Manual dann fertig sein. Die Verbindung Aicher – Isny sehen Sie also als zukunftsfähig an? Das denke ich absolut. Es hat sich im Laufe der Zeit und Weiterentwicklung eine immer stärkere Akzeptanz abgezeichnet und jetzt kann man wirklich sagen, dass die visuelle Linie mit dem großen Fundus von Aichers Bildzeichen nicht gegen eine Bevölkerung geht. Alle Beteiligten in diesem Prozess, allen voran Frau Mechler und Frau Konrad, aber natürlich auch Herr Meier und die Stadtverwaltung haben das Gefühl, dass eine Stimmigkeit erreicht ist. Das Erscheinungsbild ist zwar anders, aber Isny kann zu diesem Anderssein stehen und hat mit Aicher ein nachhaltiges und bis heute als innovativ anzusehendes Corporate Design. Das Gespräch führte Christiane Brockhoff mit Monika Schnell im Oktober 2021.