stayhome-Songs und der Sound dieser Pfingstferien

Ich koche, habe das Küchenradio laut aufgedreht, der dudelnde Sender spielt Madonnas „Holiday“.
One day to come together can release the pressure, we need a holidayyy-ay.
Ich verdrehe unweigerlich die Augen, Kochlöffel beiseite, das hör ich mir jetzt in Anbetracht des ins Wasser gefallenen Frankreich-Urlaub nicht an.
It would be, it would be so nice.
Ja, ja, wäre schön. Etwas zu heftig drehe ich das Radio ab.

Jetzt einem Sommerhit nach dem Anderen zu spielen, erscheint mir im Moment als Provokation, ich höre bei den Refrains immer so ein leicht höhnisches Lachen im Hintergrund. Vielleicht bilde ich mir das auch ein, aber: MUSS DAS SEIN?
Schließlich wird ja doch der Großteil aller, die sonst die Pfingstferien schon im Warmen verbringen, jetzt daheim sitzen, irgendwo in ihren Küchen, Gärten, unter heiß werdenden Dachfenster, inmitten der Rückkehr zur Normalität oder der anhaltenden Sorge.
Manche Hits von Strandpartys, Badespaß und Urlaubsfeeling sind da deplatziert. Wer desinfiziert sich schon gerne zu „Walkin on Sunshine“ die Hände?

Mittlerweile ist es schon zwei Wochen her, dass ich nach Songs gefragt habe, die gerade bei euch für gute Laune sorgen. Was sind die Melodien, die Lücken stopfen, die sonst nur Italiens Hitze füllen kann? Zu welchen Rhythmen wird gerade gegärtnert, gekocht, getanzt, sich gelangweilt?

Ein Ausschnitt aus dieser Playlist, aus diesem speziellen Sound des Sommers, präsentiere ich hier nun:

„Zuhause“ von Fynn Kliemann hat einen Songtext, den man hervorragend als Vorbeugung gegen den Lagerkoller einsetzten kann, indem man sich anhört, das der Ort, an dem man ist ja gar nicht so wichtig ist – Mein Zuhause ist kein Ort, das bist du.

Wenn Festivals und Partys flachfallen, kommt der folgende Plan zum Einsatz: „Dancing in the street“. Die Nachbarn regen sich dann entweder auf oder steigen spontan ein. Wem das zu peinlich ist, kann ebenso „street“ durch sein Wohnzimmer ersetzten.

Ein Hit für alle, die sich nicht mehr vorstellen wollen, versonnen auf Dünen, Meer oder andere Ausblicke zu schauen: „Lookin‘ out my back door“, Creedence Clearwater Revival. Da kann ja auch Spannendes passieren.

Um nun zum melancholischeren Teil vorzudringen – schließlich soll das hier ja ein Mix werden – : Erreicht haben mich noch die Vorschläge „Summertime Sadness“ (Lana del rey), „Heal the world“ (Michael Jackson) und „I’m still standing“ (Elton John). Drei Titel die für mich auch eine recht gute Zusammenfassung des bisherigen Jahresverlaufs 2020 abbilden.

Etwas optimistischer klingt wiederum „Das Beste ist noch nicht vorbei“ (FIVA), um sich etwaige, negative Stimmungen vom Leib zu schütteln.

Was dieser ungewöhnliche Sommer in uns hervorruft und was für (langzeitige) Auswirkungen die Quarantäne mit sich bringt?
Man bekommt eine ungefähre Ahnung beim Hören der Songs „Coffee“ von Quinn XCII, „Smokin & Drinkin“ von everlast oder „I still haven’t found what I’m looking for“ von U2.

Die allgemeine Stimmung schwankt zwischen Ausbruchswünschen aus der Tristesse („I want to break free“ – Queen) und sich mit den Umständen arrangieren („Riders on the storm“ – The doors).
Denn nach ein, zwei Gläschen Weißwein ist die eigene Terrasse eh besser als die Toskana („Summer Wine“ – Nancy Sinatra) und wenn wir faul im Gras einschlafen, meinen wir Wellen rauschen zu hören („The Ocean“ – Mike Perry).

Wenn ich mich nicht gerade durch übertrieben glückliche Sommerhits im Radio provoziert fühle, könnte ich diesen Pfingstferien somit die Überschrift „ach, es geht schon“ geben.
Corona selbst erscheint mir wie ein etwas zu langer Song, den man anhört, aber nicht überspringen kann. Außerdem weiß keiner, wie lang das Lied noch geht. Höre ich gerade schon den Refrain, ist das die zweite Strophe, nähere ich mich den letzten Takten? Nun kann man entweder genervt dasitzen und sich die Ohren zu halten. Oder man versucht mit zu summen, den Rhythmus zu finden, vielleicht sogar vorsichtig zu tanzen. Denn bis zum Ende hören müssen wir diese Takte sowieso.

Ich greife wieder nach dem Kochlöffel – es ist fast halb vier, aber ich koche mir Mittagessen.
Isolation is not good for me, singe ich mit und es ist schräg und das ist ganz egal.
Isolation, I don’t want to sit on a lemontree.
Dap-dadada-dada-didap-da
Dap-didili-da

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