Biodiversitätspfad Isny

In der historischen Isnyer Altstadt wurde ein Biodiversitätspfad eingerichtet, der das ökologische Potential nutzt. Ziele sind stadtökologische Verbesserungen, ein naturschutzfachlicher Mehrwert und den Biodiversitätsgedanken zu vermitteln.

Im Rahmen des Förderprogramms „Blühflächen und Biodiversitätspfade“ vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg wird der Biodiversitätspfad der Stadt Isny gefördert.

Was bedeutet Biodiversität?
Biodiversität ist biologische Vielfalt, das heißt Artenvielfalt, Vielfalt an Lebensräumen und genetische Vielfalt.

Der Begriff „Biodiversität“ ist eigentlich ein Kunstwort, das aus dem Zusammenziehen des Begriffs „biologische Diversität“ entstanden ist. Im Grunde genommen versteht man unter „Biodiversität“ die gesamte Vielfalt der lebendigen Welt. Sie umfasst alle Aspekte des Lebens, von der Vielfalt der Gene, über die Vielfalt der Arten bis hin zur Vielfalt der Lebensräume. 1992 wurde bei der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt abgeschlossen. Es definiert Biodiversität als die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süßwasser, in den Ozeanen und in der Luft.

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Grabenweiher und Bremerweiher

Im innerstädtischen Bereich von Isny gibt es erstaun­lich viele Wasserlebensräume zu entdecken. Dazu gehört unter anderem der Grabenweiher als Teil der alten Stadtbefestigungsanlage, der Bremerweiher als ehemaliger Sägewerksweiher und auch einige Fließgewässer, wie die nahe an den beiden Stillgewässern vorbeifließende lsnyer Ach. Charakteristisch für die­se Gewässertypen sind verschiedene Teillebensräume wie das Freiwasser, der Gewässerboden, die Uferzonen sowie die angrenzenden Vegetationsstrukturen. Sie alle bieten einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen eine geeignete Lebensstätte.

Kurpark
Obwohl der Kurpark als wichtiges Naherholungsziel stark besucht ist, eignet er sich hervorragend für Tierbeobachtungen. Vor allem Wasservögel wie Höckerschwäne, Stockenten, Blässhühner und Reiherenten haben sich längst an die Anwesenheit des Menschen gewöhnt. Sie bringen im Kurpark zum Teil sogar ihre Jungen zur Welt. Auch der Graureiher ist ein regelmäßiger Gast im Park. Er geht in der Ach und im Stadtbach gerne auf Fischfang.
Die Wasserqualität ist in den beiden Fließgewässern hoch – ebenso wie im Grabenweiher und im Bremerweiher. Frühere Verunreinigungen durch Stadtabwäs­ser sind längst Geschichte. Das spiegelt sich auch in der hohen Artenvielfalt in den Wasserlebensräumen des Kurparks. So schwimmen in den Gewässern nicht nur Karpfen, sondern auch Bachforellen. Die rot und weiß getupften Fische können nur in sauberem, kaltem und sauerstoffreichem Wasser überleben.

Der Biber
Der dämmerungs- und nachtaktive Biber taucht neuerdings im Innenstadtbereich von Isny auf. Mit etwas Glück lässt sich das bis zu 35 Kilogramm schwere Nagetier sogar im Graben- und Bremerweiher beobachten. Die Tiere wandern über die nahe gelegene Ach in den Kurpark ein, um auf Nahrungssuche zu gehen. Als Pflanzenfresser ernähren sich Biber von Rinde, Knospen, Blättern, Wasserpflan­zen und Hochstauden. Sie fällen mit ih­ren scharfen Schneidezähnen Bäume, um ans frische Grün zu gelangen. Um das zu verhindern, werden viele Bäume im in­nerstädtischen Bereich mit einem Draht­schutz gesichert. Biber sind regelrechte Flussbaumeister, die Dämme aufstauen und so die Landschaft umgestalten.

Höckerschwan
Höckerschwan
Stockente
Stockente
Reiherente
Reiherente
Graureiher
Graureiher

Der Stadtbach - Ein Mosaik aus wertvollen Lebensräumen

Der lsnyer Stadtbach (Krummbach) verläuft in Teilen der Innenstadt unterirdisch und wird erst im Bereich des Kurparks wieder sichtbar. Hier fließt er in den Stadt­ graben und versorgt den Grabenweiher mit Frischwas ser. Das Wasser, der Uferbereich und die angrenzenden Hochstaudenfluren beherbergen viele Tier- und Pflan­zenarten, die entweder aquatisch im Wasser oder amphibisch im Ubergangsbereich zwischen Wasser und Land leben. Kleine, naturnah gestaltete Fließgewässer weisen oft eine erstaunliche Biodiversität auf. Viele Arten pro­fitieren von der hohen Strukturvielfalt, die entsteht, wenn verschiedene Kleinlebensräume auf engem Raum aneinandergrenzen. So gedeihen im Wasser des Stadtbachs dichte Pflanzenbestände mit Wasserstern, Tausendblatt, Fischkraut und Wasserpest. Die Wasserpflanzen schaffen durch ihre dreidimensio­nale Struktur zusätzlichen Lebensraum für Insekten, Krebse, Schnecken und andere kleine Wassertiere. Sie schützen Jung- und Kleinfische vor Räubern, reduzie­ren die Fließgeschwindigkeit und dienen Wasservögeln als Nahrung.

Die Ufersäume des Stadtbaches
Sehr artenreich ist auch die Hochstaudenflur, die den Stadtbach an den Ufern begleitet. Sie dient nicht nur als Kontaktzone zwischen Wasser und Land, sondern auch als lineares Vernetzungselement entlang der Ufer. Im Schutz von Mädesüß, Sumpf-Storchschnabel, Rauhaarigem Weideröschen und Sumpf-Schafgarbe können Kleintiere leichter wandern und sich ausbreiten. Um die hohe Artenvielfalt langfristig zu sichern, werden die Hochstauden am Stadtbach nur alle ein bis zwei Jahre abschnittsweise und zeitlich versetzt gemäht

Raupen stehen auf Brennnesselblätter
Der Brennnesselbestand an der gegenüberliegenden Böschung sieht nur auf den ersten Blick wie ein ungepflegter „Unkrautstreifen“ aus. In Wirklichkeit ist er eine wahre Insel der Artenvielfalt. Die Große Brennnessel gilt in unseren Breiten als eine der besten Raupenfutterpflanzen und sichert einigen unserer auffälligsten Tagfalterarten das Überleben. Die Raupen von Tagpfauenauge und Kleinem Fuchs ernähren sich von Brennnesselblättern, ebenso wie der Nachwuchs von Admiral, Distelfalter, Landkärtchen oder C-Falter. Dazu kommt noch ein ganzes Heer von Nachtfalterarten, deren Raupen die Blätter mit den Brennhaaren mögen.

Kleiner Fuchs
Kleiner Fuchs
Tagpfauenauge
Tagpfauenauge
Admiral
Admiral
Distelfalter
Distelfalter
Landkärtchen
Landkärtchen

Lebensraum Parklandschaft

Im städtischen Umfeld zählen Parkanlagen mit ihren alten Einzelbäumen und kleineren Baumgruppen ei­nerseits zu den Lebensräumen mit großer Naturnähe. Andererseits wird in ihnen der gestalterische Einfluss des Menschen oft besonders deutlich. So finden sich in vielen Parks neben einheimischen Bäumen auch Ar­ten aus aller Welt. Gerade unter den Altgehölzen fin­den sich oft Exoten. Als sie gepflanzt wurden, spielte auch der jeweilige Zeitgeist eine Rolle - manche exo­tische Bäume wie Ginkos oder Mammutbäume waren zu bestimmten Zeiten einfach in Mode.
Auch in den Parklandschaften des „Isny Ovals" wachsen neben heimischen Rot- und Hainbuchen, Lin­den, Spitzahornen und Stieleichen, einige Exoten wie Mammutbäume, Roteichen, Schwarzkiefern und eine Serbische Fichte. All diese alten Bäume prägen nicht nur den Naherholungs- und Wohlfühlraum Parkland­schaft, sondern tragen als Sauerstofflieferanten und Schadstofffilter auch viel zu einer Verbesserung des Kleinklimas in der Stadt bei

Alte Gehölze – Schwerpunkte der Biodiversität
Wenn Bäume ein Alter von 80 oder mehr Jahren errei­chen, werden sie zu regelrechten Hotspots der Arten­vielfalt. Hunderte von wirbellosen Kleintieren, Pilzen, Flechten, Säugetieren und Vögeln können die Klein­- und Kleinstlebensräume auf und in solchen Altgehölzen besiedeln. Eine einzige alte Eiche beherbergt bis zu 300 verschiedene Tierarten - vom flinken Eichhörnchen über Singvögel wie Kleiber, Buchfink oder Kohlmeise bis hin zum Heer der Insekten, Würmer und Spinnen

Kleiber
Kleiber
Amsel
Amsel
Buchfink
Buchfink
Blaumeise
Blaumeise
Kohlmeise
Kohlmeise
Dohle
Dohle

Lebensraum Rohboden

Offene Bodenoberflächen sind ökologisch sehr wert­volle Lebensräume. Sie werden als Rohböden bezeich­net und kommen sowohl an trockenen als auch an feuchten oder nassen Standorten vor. Die nackten Bö­den zeichnen sich durch eine geringe oder gänzlich fehlende Pflanzendecke aus. Da auf den offen liegen­den Kies-, Sand- und Lehmflächen der Humus fehlt, sind sie meist mager, also nährstoffarm.
Im Siedlungsbereich entstehen Rohbodenbiotope vor allem auf Baustellen. Sie bilden sich auch entlang von unbefestigten Wegen, Straßenrändern und Gleisanla­gen oder im Umfeld von Sportstätten. Charakteristisch für den Sonderstandort „Rohboden" ist die große Dynamik. Die nackten Böden existieren häufig nur für eine begrenzte Zeit. Gerade auf Baustellen werden Materialdepots und Rohbodenflächen häufig umgelagert. Darüber hinaus werden die offenen Böden meist rasch von Pflanzen besiedelt und wachsen dann in kürzester Zeit zu.

Ein Platz für Spezialisten
Direkte Sonneneinstrahlung, geringes Wasserrückhaltevermögen, Nährstoffmangel, häufige Boden­umlagerungen, wenig Versteckmöglichkeiten - die Lebensbedingungen auf neu entstandenen Rohböden sind extrem. Es gibt aber Tiere und Pflanzen, die sich eigens auf solche Lebensräume spezialisiert haben.
Sie werden als Pionierarten bezeichnet und kommen mit den schnell wechselnden Bedingungen an solchen Standorten besonders gut klar. Meist handelt es sich dabei um konkurrenzschwache Arten, die ohne neue Störungen des Lebensraums bald durch nachfolgende Arten verdrängt werden.

Huflattich
Huflattich
Klatschmohn
Klatschmohn
Gänsefingerkraut
Gänsefingerkraut
Spitzwegerich
Spitzwegerich
Sandlaufkäfer
Sandlaufkäfer

Die Stadtmauer

Viele städtische Lebensräume sind künstlich entstanden. Ein gutes Beispiel dafür sind alte Mauern, die Wände historischer Gebäude und verwinkelte Dächer. Als wertvolle Strukturelemente im Siedlungsrau m weisen sie oft eine erstaunlich hohe Biodiversität auf. Sie werden häufig von Spezialisten aus dem Tier- und Pflanzenreich besiedelt, die in den Bauwerken geeig­nete Ersatzlebensräume vorfinden. Mauerritzen, Löcher, Nischen, Dachvorsprünge und reich strukturierte Fassaden dienen ihnen als Wohnort, Versteck oder als Platz für Nahrungssuche und Jagd.

Die lsnyer Stadtmauer beherbergt ihre ganz eigene Tier­ und Pflanzenwelt. An manchen Stellen ist das Mauer­ werk großflächig mit Efeu bedeckt. Der immergrüne Kletterkünstler wächst mit Hilfe seinen Haftwurzeln senkrecht an Bäumen, Felsen und Mauern empor. Da die Pflanze erst im Herbst blüht, stellt sie zu dieser Jahres­zeit eine wichtige Nahrungsquelle für Schwebfliegen, Wespen, Wildbienen, Hummeln und Falter dar. Neben dem Efeu gibt es weitere Spezialisten aus dem Pflan­zenreich, denen kleinste Unebenheiten im Mauerwerk ausreichen, um sich dauerhaft festzusetzen. In den Fu­gen der Stadtmauer wachsen neben Flechten und Moo­sen auch Farne wie der Mauerfarn oder Blütenpflanzen wie Zimbelkraut und Gelber Lerchensporn.

Ein Paradies für wärmeliebende Tierarten
Alte Mauern sind auch ein ausgezeichneter Lebens­raum für Wildbienen, Hummeln und andere Insekten, die es gerne warm und trocken haben. In kleinen Ritzen und Spalten finden sie Nist-, Schlaf- und Uber­winterungsquartiere. Häufig lassen sich an der lsnyer Stadtmauer auch Ameisen und Spinnen beobachten. All diese Kleintiere werden von verschiedenen Vogel­arten und geschickt kletternden Eidechsen erbeutet.

Zimbelkraut
Zimbelkraut
Gelber Lerchensporn
Gelber Lerchensporn
Efeu
Efeu
Stinkender Storchschnabel
Stinkender Storchschnabel
Zauneidechse
Zauneidechse

Der Obere Grabenweiher

Der alte Stadtgraben, die Zwingermauer und der 1402 erbaute Diebsturm sind Zeugnisse mittelalterlicher Befestigungsanlagen. Sie dienten einst der Verteidigung der Stadt und verstärkten die Wehrfähigkeit der lsnyer Bürger an der südlichen Stadtmauer. Der „Obere Grabenweiher" als Teil des ehemaligen Stadtgrabens hat sich bis heute erhalten, war aber zwischenzeitlich stark verlandet. Er wurde um 1930 vom Reichsarbeitsdienst wieder freigelegt und vertieft. Seit dieser Zeit führt er auch wieder Wasser. Er wird vom Stadtbach (Krummbach) gespeist. Heute ist der Obere Grabenwei­her ein interessanter Lebensraum für viele Wassertiere und Pflanzen.

Im Wasser wimmelt es von Leben
Kleine, fischarme Gewässer wie der Obere Grabenwei­her sind ein wahres Paradies für im Wasser lebende Kleintiere. Neben Wasserschnecken, Muscheln, Klein­krebsen, Würmern, Egeln und Wassermilben lebt ein ganzes Heer von Wasserinsekten in solchen Stillgewässern: Wasserläufer flitzen mühelos über die Ge­wässeroberfläche, indem sie die Oberflächenspannung des Wassers ausnutzen. Wasserkäfer, Ruderwanzen und Wassermilben nutzen als geschickte Schwimmer den freien Wasserraum. Der Gewässergrund wird von Zuck­mücken-, Köcherfliegen- und Eintagsfliegenlarven be­siedelt - und von räuberisch lebenden Libellenlarven. Als geschickte Jäger erbeuten sie ihre Opfer mit einer zur Fangmaske umgebildeten Unterlippe. Viele Was­serinsekten verbringen dabei nur ihr Larvenstadium im Wasser. So lassen sich am Oberen Grabenweiher in den Sommermonaten häufig erwachsene Libellen da bei beobachten, wie sie an den Uferrändern entlang
patrouillieren.

Gelbe Schwerlilie
Gelbe Schwerlilie
Mädesüß
Mädesüß
Bachehrenpreis
Bachehrenpreis
Blaugrüne Mosaikjungfer
Blaugrüne Mosaikjungfer
Blauflügel Prachtlibelle
Blauflügel Prachtlibelle

Der Wald im Stadtgraben

Unmittelbar hinter der Nikolaikirche und der Kir­che Sankt Georg und Jakobus verläuft der tief ein­ geschnittene nördliche Stadtgraben. Dieser Teil des Isny Ovals stellt einen vergleichsweise extensiv ge­nutzten Bereich der Innenstadt dar. Da im ehemali­gen Stadtgraben über viele Jahrzehnte hinweg kaum Nutzungs- und Pflegeeingriffe stattfanden, konnte sich ein dichter Gehölzsaum mit einheimischen Bäu­men entwickeln. Heute wächst hier ein artenreicher Laubwald mit Eschen, Stieleichen. Bergahor­nen, Bergulmen, Sommerlinden sowie Rot- und Hainbuchen. Der naturnahe Waldlebensraum bildet einen interessanten Kontrast zu den oft mit exotischen Bäumen angereicherten Gehölzstrukturen in den Parklandschaften der Innenstadt. Auf dieser kleinen, wilden Insel aus Altgehölzen finden viele Waldarten eine geeignete Lebensstätte.

Totholz ist voller Leben
Die zum Teil sehr alten Laubgehölze im Stadtgraben weisen oft abgestorbene Bereiche auf. Dieses tote Holz erfüllt wichtige Funktionen. Es dient zahlrei­chen Vögeln, Insekten, Pilzen, Moosen und Flechten als Lebensraum und Nahrungsquelle. So zimmern Spechte ihre Bruthöhlen gerne in morsche Stämme - und schaffen so Wohnraum für Fledermäuse, Sie­benschläfer, Eulen, Kleiber und einige andere höh­lenbrütende Vogelarten. Die Baumhöhlen werden als Winterquartier, Brutplatz oder Unterschlupf genutzt. Umgefallene Bäume, abgestorbene Aste, noch auf­recht stehende, tote Baumstämme und Baumstümpfe werden zwar als Totholz bezeichnet - in Wirklichkeit sind sie voller Leben. So benötigen rund 1500 heimische Käferarten abgestorbenes Holz, zum Beispiel als Nahrung für ihre Larven.

Stieleiche
Stieleiche
Rotbuche
Rotbuche
Japanischer Staudenknöterich
Japanischer Staudenknöterich
Bergahorn
Bergahorn
Sommerlinde
Sommerlinde
Buntspecht
Buntspecht